Montag, 28. Januar 2013

Kiat - Die Schamanin, die keine sein wollte - Aus dem Archiv


Aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin. Vom Vater habe ich blaue Augen und blonde Haare geerbt, damit war ich ein Fremdkörper in der Sippe der schwarzhaarigen Mongolen.

Obwohl, viele Mongolen haben heute offenbar vergessen, dass es die Nirun gab, die "Söhne des Lichtes". Der Große Dschinghis Khan war auch ein Nirun[1].

Aber ich fand immer wieder Lehrer, immer dann, wenn ich "reif" dafür war. Mein erster Lehrer war ein sehr alter Seher, dann unterrichtete mich einen ganzen Sommer lang ein uralter buddhistischer Mönch[2], von ihm erfuhr ich viel über Heilpflanzen. Er unterrichtete ganz anders als hier bei den Langnasen: Wenn er mich lehrte, dann fühlte ich, dass ich die Pflanze richtig betasten konnte, ja, ich konnte geradezu in die Pflanze hineinschlüpfen.

Später wurde ich mehrere Jahre lang in einem buddhistischen Kloster unterrichtet. Dieses Kloster wurde auch heimlich von den höheren Offizieren der Roten Armee besucht, deshalb blieb dieses Kloster verschont.

Einer meiner schamanischen Lehrer prophezeite mir, dass Menschen mich immer wieder fortjagen und schwer beleidigen und demütigen werden, weil ich anders bin und wegen meiner Fähigkeiten, die vielen Menschen unheimlich sind. Aber er prophezeite mir auch, dass von allen Menschen, die mir schaden, das Glück weichen wird. Und ich werde einst weit im Westen ein sehr gemischtes Rudel haben, und ich werde immer mehr zur Ruhe kommen[3].

Diese Prophezeiung hat sich erfüllt: heute habe ich in kleinem fränkischen Dorf meinen Ruhepol gefunden, ich führe auf einem Einzelhof meine Naturheilpraxis für Tiere. Zu mir kommen aber auch Menschen, wegen meiner schamanischen Fähigkeiten.

Aber auch in diesem Dorf gibt es Menschen, denen ich fremd bin und die mir schaden wollen. Diese Menschen tun mir leid. Wenn ich zurückblicke, dann hatten Menschen, die mir schwer geschadet haben, kein Glück mehr in diesem ihren Leben. Sie wurden schwer krank und starben. Wie können Menschen nur so dumm sein, einer Schamanin zu schaden?

Ich erinnere mich an die Schwester meines ersten Lehrers, des Sehers: Sie war eine große Magierin! Als ihr Bruder seine letzte Reise angetreten hatte, kam sie mit Begleitern zu unserer Sippe. Da ihr Bruder allein lebte, hätte sein gesamter Besitz verbrannt werden müssen. Aber die gierigen Menschen teilten seinen Besitz unter sich auf. Als die Magierin dies bemerkte, verfluchte sie alle Gers:

Jedes Ger, in dem etwas vom Besitz ihres Bruders lagerte, ging in Flammen auf. Und Feuer ist der schlimmste Feind der Nomaden.

Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich in der Zeitung lesen, dass wieder jemand beerdigt wird, der mir früher sehr geschadet, mich beleidigt und gedemütigt hat.

Aber dann sage ich zu mir: Kiat, das kann nicht sein! Kiat, nimm dich nicht zu wichtig!

[1] Kiat Gorina: "Die Schamanin, die keine sein wollte". Seite 9
[2] ebenda Seiten 102ff
[3] ebenda Seite 150


Hochgeladen am 14.01.2011 von KiatGorina1

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