Mittwoch, 1. Mai 2013

Erster Mai und die Lebenslüge Vollbeschäftigung - Blog von Kiat Gorina


Heute ist wieder Erster Mai - allgemeinhin als Tag der Arbeit benannt. Ein Feiertag? Zumindest kein kirchlicher Feiertag. Das bringt dann nicht wenige Bauern auf die Idee, gerade an diesem Tag lärmende Arbeiten zu verrichten! Oder Gülle auf die Felder auszubringen. In deren Augen ist das gar kein richtiger Feiertag! Ein Bauer meinte einmal zu mir: Das ist wieder ein Tag der Kommunisten, früher haben die da sogar geschossen! Das habe ihm sein Opa erzählt ...

Aber die Frage bleibt doch: Was gibt es am Ersten Mai zu feiern? In den USA war ja einst der 1. Mai der moving day, da wurde umgezogen, eine neue Arbeit begonnen. Und im 20. Jahrhundert kämpften die Arbeiter für einen Achtstundentag. Da war noch der Zwölfstundentag an der Tagesordnung. Und der Erste Mai ist verbunden mit Todesopfern. Der Chef der Arbeiter-Zeitung - August Spies - wurde mit anderen angeblichen "Anarchisten" gehenkt. Tage vorher hatte Spies eine packende Rede am Haymarket in Chicago gehalten.

Feiern wir also weniger, sondern erklären wir den Ersten Mai zum Gedenktag an die Menschen, die für menschenwürdige Arbeit kämpfen und kämpften. Und so manche starben deswegen.

Und seit wann gibt es den Ersten Mai als Feiertag in Deutschland? Da wurde immer wieder versucht, diesen Tag für die Politik zu instrumentalisieren - sei es durch die Nationalsozialisten als "Nationaler Feiertag des Deutschen Volkes" - am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften verboten und deren Häuser gestürmt! Was gibt es da zu feiern? 

Bei "Tag der Arbeit" - da denke ich auch an eine Lebenslüge dieser Republik: an die Lebenslüge der Vollbeschäftigung! Ja, Lebenslüge. Nicht nur der frühere Ministerpräsident von NRW - Jürgen Rüttgers - sprach davon und wurde dann von seiner Partei abgestraft. Auch Deutschlandradio sendete am 02.11.2006: "Die Gesellschaft richtet sich damit ein, dass sie einem großen Teil ihrer Mitglieder keine Erwerbsarbeit bieten kann. Auch die Politik verabschiedet sich allmählich von der Lebenslüge Vollbeschäftigung. Den Betroffenen kann sie häufig keine Perspektive mehr bieten. Doch sollte sie ihnen nicht auch noch den Rest an sozialer Anerkennung versagen und sie allein für ihre Lage verantwortlich machen. Auch wer nichts verdient, verdient Respekt."

Quelle: Deutschlandradio Kultur Warum das "abgehängte Prekariat" keinen Anschluss findet

Auch die vom damaligen Kanzler Schröder durchgepeitschte Agenda 2010 konnte keine Vollbeschäftigung sicherstellen - im Gegenteil: das Prekariat vergrößerte sich tagtäglich! Und heute? Unter der schwarzgelben Regierung wurde das Prekariat immer prekärer. Jakob Augstein schrieb korrekterweise von den "Überflüssigen", die in sinnlose Maßnahmen gesteckt werden, wie Inge Hannemann bestätigt.

Da gibt es "Deine Stimme gegen Armut". 2011 hatten sie ein gutes Video veröffentlicht:


Hochgeladen am 14.09.2011 von deinestimme

Und 2013 wurde ein anderes Video produziert:


Veröffentlicht am 28.04.2013 von deinestimme

Ein gewisser Sinneswandel macht sich breit: Jetzt geht es primär um menschenwürdige Arbeit! Und was ist mit der Armut? Lebt die Lebenslüge der Vollbeschäftigung wieder auf? Leute, Vollbeschäftigung wird es in einem kapitalistischen System nie geben! Kann es auch nicht geben! Dafür wird es immer mehr Arme geben, es werden immer mehr Menschen in die Armut getrieben!

Schauen wir uns die USA an - da wurde der Mittelstand so gut wie vernichtet! Unter der Regentschaft eines Präsidenten, dem der Friedensnobelpreis verliehen wurde! Wieso eigentlich? Viele Menschen verloren ihre Häuser, nicht wenige vegetieren jetzt in Zeltstädten in den Wäldern:


Veröffentlicht am 15.05.2012 von yafasia

Diese Menschen sind auch Opfer dieser Lebenslüge "Vollbeschäftigung"!

Selbst Dieter Althaus, einst Ministerpräsident, erkannte, dass es so nicht weitergeht, er plädierte für die Einführung eines Bürgergeldes. Das war für die CDU zuviel. Ein von Althaus verursachter Skiunfall zwang ihn dann zum Rücktritt, er ging in die Privatwirtschaft. Schade! Und damit verstummten auch die Diskussionen um das solidarische Bürgergeld.

Für mich ist der Erste Mai ein Anlass darüber nachzudenken, wie eine Utopie realisiert werden kann: die Utopie eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle! Heute leistet sich diese Republik ein Verwaltungsmonster - auch Hartz IV genannt, das nicht mehr finanzierbar ist. Und wenn auch Deutschland vom Abwärtsstrudel der südlichen EU-Länder erfasst wird? Was dann? Wer soll dann Hartz IV finanzieren? Dann ist es aus mit dem sozialen Frieden! 

Was mich immer noch sehr verwundert, dass gerade die christlichen Kirchen gegen das bedingungslose Grundeinkommen eingestellt sind. Da gibt es ja noch Vertreter, die das Wort des Apostel Paulus nachplappern: Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen!

Quelle: Zweiter Brief an die Thessalonicher, 3. Kapitel, Vers 10.

Und die Theologen verweisen hier auf das Alte Testament: Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren! 

Quelle: 1. Moses, Kapitel 3, Vers 19.

Andere verweisen auf die Stelle: Sechs Tage sollst du arbeiten und all dein Werk tun

Quelle: 2. Moses, Kapitel 20, Vers 9

Interessant finde ich, dass eben diese Theologen in Sachen bedingungsloses Grundeinkommen nichts von folgendem Jesus-Wort wissen wollen: Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?

Quelle: Mathäus, Kapitel 6, Vers 26

So, jetzt reicht es mit den Bibelzitaten - gerade an einem weltlichen und nicht kirchlichen Feiertag ;-) Auch die christlichen Theologen legen sich ihre Bibel derart aus, damit sie ja nicht im kapitalistischen System anecken.
Übernommen von Over-Blog

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