Samstag, 16. Februar 2013

GLOSSE: Sie haben einen Vogel! - Blog von Kiat Gorina


Da begegnete ich heute einem Altbauern. Aber wie sah er denn aus? Ganz rot im Gesicht! Und schnaufend! Kaum hatte er mich erspäht, rief er mir zu, er habe mir etwas zu erzählen. Da war ich aber gespannt.

"Stell dir vor, gestern rief mich jemand an und sagte: Sie haben einen Vogel! Ich habe gleich gepoltert: Was soll ich haben? Wer sind Sie überhaupt? Da hat die Frau etwas von einer Werbeagentur gefaselt! Dann habe ich aufgelegt. Das ist doch eine Sauerei! Kannst du dir das erklären?"

Ich schüttelte den Kopf, aber wollte ihn nicht enttäuschen: "Du, ich denke drüber nach! Vielleicht habe ich eine Idee."

Stunden später, blätterte ich in einem Anzeigenblatt. Mein Blick blieb auf einer seltsamen Kleinanzeige hängen: Da suchte jemand Tiere für ein casting. Casting? Ach ja, ich habe mal eine Glosse geschrieben - über S21 und Pinocchio

Aber das war etwas anderes. Da wurden Tiere gesucht. Für die Werbung. Da war auch eine Internetadresse angegeben. Neugierig wie ich bin, schaute ich da nach. Ja, da hatte jemand offenbar eine Geschäftsidee:

Da konnten sich Tierbesitzer eintragen, sie würden dann benachrichtigt werden, wenn ein Casting für Tiere stattfinde. Und wer die ersten Plätze gewinne, könne dann viel Geld mit seinem Haustier verdienen ... Also die üblichen falschen Versprechungen im Internet. Gelangweit wollte ich weiterblättern.

Da sah ich mir an, welche Angaben die künftigen Kunden angeben sollten. Was die Tiere anging, wurden ganz ausführliche Angaben verlangt: Art des Tieres, Rasse, Alter, besondere Fähigkeiten ...

Und dann fiel mir plötzlich der Groschen! Was ist, wenn ein "netter" Zeitgenosse die Telefonnummer des Altbauern angegeben hatte. Und er hat angegeben, dass der Altbauer als Haustier einen Vogel habe ... Könnte sein.

Ich musste nochmal weg, da machte ich einen kleinen Umweg und fuhr beim Altbauern vorbei. Er war zu Hause und ich erzählte ihm von meinem Verdacht. Er dachte nach. Dann: "Wenn das so war, dann war das mein blöder Nachbar! Der hat gestern abend so frech gegrinst! Warte mal, den frage ich gleich."

Der Altbauer stiefelte auch gleich zu seinem Nachbarn und fragte ihn - ziemlich laut: "Hast du im Computer geschrieben, dass ich einen Vogel habe?" Der Nachbar bekam einen roten Kopf. "Spinnst du? Was soll ich haben? Du hast wirklich einen Vogel!" 

Beide wurden immer lauter. Die Gardinen der umliegenden Häuser bewegten sich ... Da kam der Enkel des Altbauern angefahren und fragte: "Opa, was ist passiert?" Sein Opa erzählte ... Der Enkel hörte sich das an und beruhigte seinen Opa: "Ich ruf mal bei der Firma an und frage die mal." So geschah es. 

Das interessierte mich auch - ich bin ja gar nicht neugierig. Der Enkel rief bei der Firma an. Ja, da hatte gestern jemand im Kontaktformular den Altbauern eingegeben, dass er einen Vogel besitze. Die Firma war sehr kooperativ, sie rückte auch die Internetadresse des Eintragenden heraus.

Mit dieser Internetadresse bewaffnet ging er gleich zum Nachbarn und fragte ihn, wieso er das gemacht habe. Der Nachbar stritt alles ab. Aber der Enkel bluffte: "Ich habe von der Firma deine Internetadresse bekommen, da schau her!" Und zeigte ihm den Zettel.

Der Bluff wirkte, der Nachbar meinte: "Das war doch nur eine Gaudi, ihr versteht halt keinen Spaß!" Der Enkel blieb ruhig und sagte scharf: "Das war kein Spaß! Was hast du gegen meinen Opa? Entschuldige dich wenigstens bei ihm!". Der Nachbar schlug die Türe zu. Dann war im Haus ein immer lauter werdendes Geschrei zu hören. Seine Frau schumpfte ihren Mann aus - sie hatte alles mitbekommen. 

Dann dauerte es eine Weile. Ich wollte schon wegfahren. Da kam der Nachbar aus seinem Haus, hatte einen Korb in der Hand und ging zum Altbauern. Er entschuldigte sich und reichte ihm den Korb: "Da habe ich ein Vesper für dich. Es tut mir leid. Meine Frau hat mich auch schon ausgeschimpft!" und zeigte ihm die Sachen: Schinken, Schwarzgeräucherte, zwei Flaschen Bier. 

Der Altbauer grinste und scherzte: "Au wei, wenn deine Frau dich schimpft, dann hast du dein Fett weg! Komm, wir trinken zusammen ein Bier!"

So war der Frieden wieder eingekehrt.


Hochgeladen am 06.05.2008 von dreitvjunkies

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