Freitag, 27. April 2012

Giftpflanzen - auch für Tiere giftig - Blog von Kiat Gorina


Gestern besuchte mich eine Frau, sie erzählte, dass ihre Stute verstorben ist. Der Tierarzt meinte, sie habe sich vergiftet - mit Buchsbaum. "Das kann doch nicht sein! Buchsbaum schaut doch so schön aus, den gibt es auch auf dem Friedhof! Da wachsen doch keine giftigen Pflanzen!"
"Doch, Buchsbaum ist sogar sehr giftig! Warte mal, ich schau mal nach, wie hoch die letale Dosis ist - komm doch mit rein." Ich warf meinen Computer an und rief ein Giftpflanzen-Kompendium auf.
"Siehe da, in Buchsbaum ist Cyclobuxin D enthalten, die letale Dosis LD50 ist 0,1 Milligram pro Kilogramm Lebendgewicht. Ich schätze dein kleiner Hund wiegt ungefähr zehn Kilo - also wenn der nur 1 Tausendstel Gramm von diesem Gift erwischt, dann sind die Chancen nur fifty-fifty, dass er das überlebt. Also ist Buchsbaum sehr gefährlich!"
"Und dieses Cyclo ... ist im Buchsbaum?"
"Klar, besonders in den Blättern! Also Vorsicht!"
"Aber, ich habe gemeint, ein Friedhof ist ein kirchlicher Platz, und friedlich, da gibt es keine giftigen Pflanzen. Das werde ich gleich meinem Pfarrer erzählen."
"Da kann dir der Pfarrer auch nicht helfen."
"Und woher weißt du über solche Gifte Bescheid?"
"Da gehört zu meinem Beruf. Es gibt immer wieder Tierbesitzer, die keine Ahnung haben und Giftzeug an ihre Tiere verfüttern. Da hatte ich einen Fall, da fraß eine Stute in einer Koppel gleich neben einem Friedhof. Und Leute warfen abgeschnittenen Buchsbaum über die Mauer, die Stute fraß und starb dann später."
"Und du hast nichts machen können?"
"Ich wurde zu spät gerufen! Erst haben die Besitzer mehrere Tierärzte gerufen, jeder von ihnen tippte auf eine andere Krankheit. Die Besitzer hatten mir die Symptome geschildert, da hatte ich gleich auf eine Vergiftung getippt. Da riet ich ihnen, schleunigst die Koppel abzusuchen."
"Und dann?"
"Einen Tag später wurde ich gerufen, da lag die Stute im Sterben. Ich ging die Koppel ab und fand einen Haufen Buchsbaum und Thuja - alles vom Friedhof nebenan. Ich konnte dann wenigstens durchsetzen, dass ein Tierarzt kam und die Stute erlöste. Und dann ließen sie den Leichnam untersuchen, da stellte sich heraus, dass die Blase schon geplatzt war, weil das Gift schon Teile des Körpers gelähmt hatte."
"Sag mal, wo hast du da im Internet nachgeschaut? Kannst du mir das aufschreiben? Oder ist das dein Geheimnis?"
"Quatsch! Natürlich schreibe ich dir das auf. Da rufst du www.giftpflanzen.com auf, diese Seite ist komplett in Deutsch! Und scheint ziemlich zuverlässig zu sein."
Dann glitten ihre Augen über meine Bücherwand mit Fachliteratur. Erstaunt fragte sie: "Du hast aber viele Bücher! Ich habe gemeint, du bist Schamanin, da bauchst du keine Bücher? Oder bist du gar keine richtige Schamanin." Dann befiel sie ein Redeschwall: "Ich kenne eine Schamanin, die ist ganz anders als du. Die tanzt und trommelt und dann singt sie auch. Wegen meiner Migräne war ich auch mal bei ihr."
Ich fragte: "Und? Hat es geholfen?" Sie schüttelte den Kopf und meinte: "Vielleicht war sie heiser - sie krächzte so komisch." Ich konterte: "Da hast du noch Glück gehabt, bei uns in der mongolischen Steppe haben die Schamanen etwas auf einen Zettel geschrieben und den musste ein Kranker schlucken!"
"Echt? Hat das geholfen?"
"Manchmal schon. Vor allem wenn die Kranken daran geglaubt haben!"
Sie murmelte dann: "Das muss ich der Schamanin erzählen - das soll sie mal ausprobieren."
Ich sagte mit todernster Miene: "Aber da muss sie erst mal Mongolisch lernen, sonst funktioniert das nicht." Und kniff mir auf die Lippen, um nicht lachen zu müssen.
Aber die Frau nickte: "Stimmt! Das leuchtet ein. Schade!" Da hielt ich es nicht aus und musste lachen. Und dann klärte ich die Frau auf, dass ich gescherzt habe. Aber so richtig geglaubt hat sie mir nicht. Beim Abschied fragte sie mich leise: "Weißt du noch, was die Schamanen da auf die Zettel geschrieben haben?"
Bei den Katholiken wird am Palmsonntag an den Einzug Jesu in Jerusalem gedacht, da jubelten die Menschen ihm zu und schwenkten Palmzweige. Und da hierzulande Palmzweige rar sind, werden sie durch Buchsbaum ersetzt. Ob die Gläubigen wissen, dass sie es mit einer hochgiftigen Pflanze zu tun haben? In der Beschreibung zum Video steht:
Zur Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem um das Jahr 30, bei dem die Menschen ihm mit Palmzweigen in den Händen zujubelten, kommen katholische Christen seit dem frühen Mittelalter an Palmsonntag vor ihrer Kirche zur Segnung der Palm- oder Olivenzweige zusammen, die in Deutschland traditionell zumeist durch Buchsbaum ersetzt sind.
Mit diesen „Palmsträußchen", die im Fuldaer Land aus Buchsbaum und Weidenkätzchen zusammengebunden werden, ziehen die Gläubigen in einer Prozession in ihre Pfarrkirche ein, wo dann in der Heiligen Messe zur Einführung in die dem Palmsonntag folgende Karwoche erstmals die Botschaft vom Leiden und Sterben Jesu vorgetragen wird. Die geweihten Palmsträußchen nehmen die Gläubigen mit nach Hause, wo sie als Segenszeichen hinter die Kruzifixe in den Wohnungen gesteckt werden.
Die in der Kirche verbliebenen Palmsträuße werden (seit Ende des 11. Jahrhunderts) im darauffolgenden Jahr zu der Asche verbrannt, mit der die Gläubigen dann an Aschermittwoch das Aschenkreuz auf die Stirn gezeichnet bekommen.
Veröffentlicht am 01.04.2012 von VKGFulda


Und was die Aschenkreuze angeht, da frage ich mich, ob die Giftstoffe des Buchsbaum noch in der Asche enthalten sind ... Und wieder zeigt sich, wozu sich Menschen überreden und beeinflussen lassen: Da stecken die Gläubigen eine giftige Pflanze hinter die Kruzifixe in ihren Wohnungen. Und das soll dann ein Segenszeichen sein - eine Giftpflanze? Irgendwie kommt mir das widersinnig vor.
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