Dienstag, 20. November 2012

Plagiatsverdacht? - Dissertation von Annette Schavan - Blog von Kiat Gorina


Am  17.10.2012 schrieb Der Tagesspiegel u. a.: Der Uni-Gutachter erkennt ein typisches Muster: Schavan suggeriere, sie habe sich eigenständig mit den Originaltexten von Philosophen und Psychologen beschäftigt. Dabei nutze sie tatsächlich aber Darstellungen aus der Sekundärliteratur, ohne das jedoch ausreichend zu kennzeichnen. Und weiter:

So behandele Schavan an einer Stelle Positionen des Biologen Wilhelm H. van der Marck und des Theologen Josef Fuchs. Tatsächlich sei sie „dabei jedoch erkennbar abhängig von Auer, der aber nicht genannt wird“, zitiert der „Spiegel“ das Gutachten. Auf den Seiten 75 und 76 der Dissertation verwende sie Textbausteine von Ernst Stadter, aber „jeder Verweis auf Stadter unterbleibt; auch im Literaturverzeichnis wird er nicht aufgeführt“.

Quelle: DER TAGESSPIEGEL Welche Stellen beanstandet werden

Bereits am 14.10.2012 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Schwere Plagiatsvorwürfe gegen Schavan: 

So schreibt sie zu Seite 63 der Dissertation, sie setze sich „in ihrem ersten Drittel vollständig aus wörtlich übernommenen oder (ohne erkennbaren sprachlichen oder inhaltlichen Gewinn) abgewandelten Fragmenten“ eines Textes von Niklas Luhmann zusammen, die jedoch nur vereinzelt als solche kenntlich gemacht würden.  An anderer Stelle heißt es, der Textausschnitt „erweist sich als Collage von Versatzstücken aus einer Arbeit von Helmut Fend. Als Zitat ausgewiesen sei jedoch nur ein Halbsatz. Die flüchtig angewandte Collage-Technik führe mehrfach zu sprachlichen, sprachlogischen und inhaltlichen Problemen.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Schwere Plagiatsvorwürfe gegen Schavan

Aber seit diesen Artikel wurde versucht abzulenken - vom Plagiatsverdacht. Da wurde die Tatsache hochgespielt, dass ein vertrauliches Papier an die fünfzehn Mitglieder eines Promotionsausschusses in die Öffentlichkeit gelangte. Und was ist daran so schlimm? Weil da etwas von einer "leitenden Täuschungsabsicht" steht? Oder von einer "plagiierenden Vorgehensweise"?

Da halte ich mich an den - anonymen - Verfasser der Dokumentation zur Dissertation von Schavan: 

Quelle schavanplag Dokumentation mutmaßlicher Plagiate in der Dissertation von Prof. Dr. Annette Schavan

Da gibt es unter anderem zu lesen: "Als Muster lässt sich erkennen, dass die Verfasserin oft vorgibt, Primärquellen zu rezipieren, während sie tatsächlich mit leichten Abwandlungen aus der Sekundärliteratur abschreibt. In vielen Fällen werden dabei auch Fehler bei Zitaten oder Literaturangaben mit übernommen bzw. – seltener – korrekte Literaturangaben fehlerhaft übertragen."

Und es gibt diese Dokumentation auch als PDF-Datei: Ich greife da mal heraus:

Zunächst ist die Dissertation Schavans zitiert:

Ökonomisch gesehen ist das Es das Hauptreservoir der psychischen Energie. Dynamisch betrachtet steht es in Konflikt mit dem Ich und dem Über-Ich, die – genetisch
gesehen – Differenzierungen seiner sind.

(Dissertation: Seite: 078, Zeilen: 21-24)

Und dann eine Quelle: Laplanche / Pontalis 1972

Ökonomisch gesehen ist das Es für Freud das Hauptreservoir der psychischen Energie; dynamisch gesehen läßt es sich in Konflikt mit dem Ich und dem Überich ein, die, genetisch
gesehen, Differenzierungen von ihm sind.

(Fundstelle: Seite(n): 147, Zeilen: 18-21)

Der Verfasser schreibt in seinen Anmerkungen: Laplanche / Pontalis (1972) werden in der vorliegenden Arbeit an keiner Stelle erwähnt. Bei Freud selbst findet sich obiger Sachverhalt in dieser Form nicht.

Also fassen wir zusammen:

  1. Schavan entnimmt - fast wortwörtlich - Sätze von Laplanche/Pontalis aus dem Jahr 1972.
  2. Schavan erwähnt in ihrer Doktorarbeit Laplanche / Pontalis nicht.
  3. Laplanche / Ponzialis behaupten etwas, was bei Freud nicht vorkommt-
  4. Schavan übernimmt ungeprüft diese Behauptung ihrer nicht genannten Quelle!

Und das ist ja offensichtlich kein bedauerlicher Einzelfall! Was ist also das Besondere an Schavans Arbeit, dass ihr dafür der Doktortitel verliehen wurde?


Veröffentlicht am 21.10.2012 von MisterSirComedian

Ein anonym bleibender Zeitgenosse hat mit zugeflüstert: "Je länger der Titel einer Doktorarbeit ist, desto mehr ist da faul ...° Ich habe gleich zurückgeflüstert: "Aber bei Merkels Doktorarbeit stimmt das nicht ... trotz überlangem Titel"
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