Unsere Vollmondfeuer waren immer eine famose Sache. Es gibt kaum etwas Schöneres als beim aufgehenden Vollmond am Feuer zu sitzen. Wir hatten oft Gäste bei diesen Feuern. Stadtpflanzen zumeist. Und natürlich Leute aus der esoterischen Ecke. Die sahen natürlich in jedem vorbei huschenden oder fliegenden Schatten irgendwelche "verlorene Seelen" oder andere Geister.
Komisch, was ich da am nächtlichen Himmel erkannte, waren Fledermäuse, irgendwelche Nachtvögel oder sogar der Uhu vom Mönchswald. Die waren aber nicht verloren oder gar gespenstisch, die waren auf Beutefang.
Heute rief mich eine alte Bekannte an, wir kamen auf die Vollmondfeuer und dann aus dem Lachen nicht mehr heraus.
"Weißt du noch", kicherte Ria, "diese Rothaarige aus München, die bei euch übernachtet hat und dir dann unbedingt im Stall helfen wollte? Die wollte sich doch auch ein Pferd anschaffen und ..."
Weiter kam Ria nicht. Ich musste so lachen, dass ich mich heftig verschluckte.
Ach ja, das war ein Exemplar der besonderen Art. Sie hielt mir erst mal lange Vorträge darüber, dass Pferde auf gar keinen Fall zusammen auf die Weide dürften. Die Verletzungsgefahr sei viel zu groß! Und überhaupt, einem Lipizzaner die Gegenwart eines Esels zuzumuten! So ging es in einer Tour.
Dann verschwand sie auf die Koppel. Uff, endlich Ruhe! Ich musste nämlich noch den Stall machen. Von wegen!
“Aauuuaaaa!" jaulte es auf der Koppel.
Was war da los? Hatten Tiger und Knopfi dieser Tante die Meinung gegeigt? Sie hatten.
Wimmernd beklagte sich Yvonne bei mir : "Der böse Esel hat mich in den Popo gebissen!"
Ich hatte es plötzlich sehr eilig. Eine gestandene Mittdreißigerin, die zu ihrem ausladenden Hinterteil "Popo" sagt, muss erst mal verdaut werden.
Es kam noch schlimmer. Der Bär bog um die Ecke: "Kiat, Erika hat angerufen, ihre Freundin kann sie nicht herbringen, weil sie plötzlich ins Krankenhaus musste. Ich habe ihr versprochen, dass du sie in einer halben Stunde in Heilsbronn am Bahnhof abholst ..."
Das hatte mir gerade noch gefehlt! Die ersten Eso-Tanten rollten jeden Moment hier an, der Stall war noch nicht fertig, und zum Bahnhof war es auch kein "Katzensprung".
Im Eiltempo gemistet, eingestreut, Futter rein, alles in totaler Hektik. Umziehen musste ich mich ja auch noch.
So, nur noch das Wasser auffüllen - dachte ich!
Das war reine Selbstüberlistung. Yvonne wollte nämlich helfen.
"Die brauchen noch Wasser", sagte ich arglos, "Tiger kriegt fünf Eimer und Knopfi einen, ich geh mich mal umziehen ..."
Mit meiner Brieftasche in der Hand schoss ich aus dem Haus, ich war schon verdammt spät dran. Aus Gewohnheit sah ich noch eben in den Stall, schaute in Tigers Tränkbottich, stutzte, trat in die Box - und stand im Nassen!
Tigers Bottich war knochentrocken, diese Trine hatte die fünf Eimer Wasser mitten auf das frische Stroh gekippt! Alles schwamm!
(Fürchterliche Flüche, nicht aufgeschrieben, da wahrscheinlich jugendgefährdend). Und eine beleidigte Yvonne. Die Trine konnte froh sein, dass ich ihr nicht das ganze klatschnasse Stroh über den Kopf gekippt habe!
So, jetzt aber los, diese Erika wartete sicher schon. Wer war das noch gleich? Ich konnte diese ganzen Esotanten noch nie gut auseinander halten.
Doch, an eine konnte ich mich erinnern. Die war eher klein, aber breit wie gleich zwei Brauereipferde. Dagegen war meine Bekannte "Schrappi" die reinste Elfe. Hoffentlich war es nicht gerade die, weil sie beim letzten Besuch die gesamte Rückbank eines großen Kombis eingenommen hatte. Und mein kleiner Polo hat einen Laderaum, aber keinen Rücksitz.
Na, das wird sie schon nicht sein. Soviel Pech an einem Tag kann es gar nicht geben! So tröstete ich mich selbst, warf die Brieftasche auf den Beifahrersitz und ratterte los zum Bahnhof.
Aber - da! Das war zuviel! Wer mich da erwartete, war eben jenes Riesendromedar!
Da blieb nur eines: Auto in Fahrtrichtung stellen und den zweiten Gang einlegen. Warum das?
Ganz einfach: keuchend schob ich Erika so weit ins Auto, dass ich die Tür gerade eben schließen konnte. Dann wollte ich auch einsteigen, das heißt, ich versuchte es. Aber beide Sitze waren mit Erika gefüllt! Sie thronte sogar auf dem armen Schalthebel.
"Rutsch mal rüber, wie soll ich denn fahren!" fauchte ich sie an.
"Das geht aber nicht, hier ist so wenig Platz, hättest du nicht mit einem größeren Auto kommen können?", keifte sie zurück.
"Soll ich mir wegen dir vielleicht einen Tieflader mit Hebekran zulegen?" Ich war auf hundertachtzig, meine Stimme hätte einem Nebelhorn alle Ehre gemacht. Das Trumm rührte sich aber nicht.
Da griff ich zur Selbsthilfe, nämlich meiner Hufzange, die unter dem Sitz lag. Die piekte ich ihr in die schwabbelige Figur, Erika rutschte plötzlich doch zur Seite. So, schnell rein und Tür zu.
Seitdem weiß ich, was Platzangst ist! Halb erstickt in den schwabbeligen Speckmassen, versuchte ich, mein armes überladenes Autochen im zweiten Gang nach Haus zu manövrieren.
Wir kamen so verdammt langsam vom Fleck, ich fühlte mich schon halb zu Tode gemangelt. Jetzt fehlte nur noch - ach, da war sie schon. Eine Polizeistreife. Den Polizisten war mein merkwürdig langsamer Fahrstil aufgefallen, und nun wollten sie meine Papiere sehen.
"Ihren Führerschein und die Fahrzeugpapiere bitte."
Verdammt, das war Trick siebzehn mit Selbstüberlistung! Die Papiere waren in der Brieftasche, und die lag auf dem Beifahrersitz.
"Ähm, das geht leider nicht ..."
"Bestimmt haben Sie beides zu Hause vergessen!", der Polizist wurde schon leicht schnappig. Klar, in der Dunkelheit konnte er in meinem Auto wohl nicht viel erkennen.
"Nein, meine Papiere liegen auf dem Beifahrersitz und ich ... ääh"
Er leuchtete ins Auto und erblickte meine überquellende Fracht.
"Ich glaube, wir haben da ein schwerwiegendes Problem", meinte er nur. Auf die weitere Kontrolle verzichtete er.
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