Sonntag, 3. Juni 2012

Bluff und Blog - Blog von Kiat Gorina


Ein Mädchen aus meiner Lesung

Vor einigen Tagen radelte ein junges Mädchen vorbei, sie kam mir bekannt vor. Ach ja, ich hatte sie schon einmal einmal gesehen. Ja ich erinnere mich an meine letzte Lesung, da stand ein Mädchen, es schien mir, als wollte sie mich ansprechen - aber sie traute sich nicht.
Also sprach ich sie an und hatte recht gehabt. Sie war bei der Lesung und stellte jetzt ein paar Fragen - recht kluge Fragen! Als sich die Zuhörer verlaufen hatten, unterhielten wir uns noch weiter. Ihr schien es zu gefallen - und mir auch.
Dieses Mädchen radelte vorbei, ich rief ihr hinterher. Da kehrte sie um und fuhr auf den Hof. Sie stieg ab und steichelte Riffel, die in der Sonne lag und döste. Ich merkte, dieses Mädchen hatte etwas auf dem Herzen. Also wartete ich ab.

Kosmetik und Tierversuche

Dann fing sie an: "Ich habe in Ihrem Blog gelesen, dass Sie bei Kosmetik gegen Tierversuche sind?" "Du kannst ruhig du zu mir sagen, ich duze dich auch. Okay?" Sie nickte - erfreut.
Ich antwortete: "Stimmt! Es geht auch ohne Versuche und dann müssen keine Tiere leiden." Ich sah sie an: "Nimmst du viel Kosmetik?"
"Eigentlich nicht, aber meine Eltern wollen das." Ich war verblüfft.
"Wieso denn das? Normalerweise sind Eltern froh, wenn ihre Töchter erst spät mit dem Schminken anfangen."

Der Bluff: Ein Beauty-Blog wider Willen

Da stiegen ihr Tränen in die Augen, dann schluchzte sie haltlos. Ich nahm sie in die Arme und wir setzten uns beide auf die Bank. Ich ließ sie weinen. Vom Schluchzen unterbrochen erfuhr ich ihre Geschichte:
Ihr Vater war arbeitslos geworden und ihre Mutter machte ihrem Mann Vorwürfe, dass sie sich jetzt bei Kosmetik einschränken müsse. Es kam deshalb immer wieder zum Streit ...
Da hatte ihr Vater eine total verrückte Idee: Er fotografierte seine Tochter und bastelte einen Kosmetik-Blog - im Namen seiner Tochter. Das Mädchen wusste von nichts. Es kam nur drauf, weil ein anderes Mädchen in der Schule zu ihr sagte: "Du hast ja einen coolen Blog!"
Sie erschrak, sie wusste von nichts.  Zu Hause fragte sie ihre Eltern, was das mit dem Blog auf sich hat. Dann schaute sie zum ersten Mal in ihren Blog - und war entsetzt! Da hatte ihr Vater in ihrem Namen an Kosmetikfirmen geschrieben und um Probeartikel gebeten. Sie werde die dann in ihrem Blog positiv bewerten und so weiter. Das gestand ihr eigener Vater.

Die Werbegeschenke der Kosmetik-Industrie

Und die Mutter meinte: "Du weißt doch, dass wir wenig Geld haben, du glaubst gar nicht, wieviel Proben ich schon bekommen habe! Die Firmen schmeißen nur so mit dem Zeug um sich!"
Und der Vater fuhr fort: "Und die Meinung deiner Mutter setze ich um und schreibe das in einer etwas kindlichen Sprache - das kommt toll an!"
Das Mädchen war geschockt, da sagte ihre Mutter: "Da ist doch nichts dabei! Außerdem kannst du uns doch unterstützen, für dich fällt doch auch Kosmetik ab! Wenn wir Glück haben, kriegen wir auch schicke Klamotten geschenkt, das ist doch etwas. Oder?"
Das Mädchen sprang auf und schloss sich in ihr Zimmer ein. Sie wollte niemand hören und auch nicht sehen. Ihre Elten auf keinen Fall! Verständlich.
Tja, das war ja eine üble Geschichte! Ob das ein Einzelfall war? Ich denke nicht. Wenn ich da an overblog denke, da wimmelt es seit einiger Zeit nur von Lifestyle, Beauty etc. Meist von jungen Mädchen, oft minderjährig.

Ende gut - Alles gut!

Tja, was tun? Dieser Bluff mit dem Blog sollte so schnell wie möglich beendet werden! Aber wie?  Wen ansprechen? Ich entschied mich für die Mutter. Dann fragte ich das Mädchen, ob sie einverstanden ist, wenn ich gleich anrufe. Ich ließ mir die Nummer geben.
Ich stellte mich als Schriftstellerin vor, und erzählte, dass ihre Tochter in meiner Lesung war und wir uns dort kennenlernten.
"Ja, sie hat so gedrängt, da habe ich sie hingefahren. Mir hat Ihre Lesung auch gefallen. Meine Tochter hat sich Ihr Buch zum Geburtstag gewünscht."
Dann sprach ich die Mutter auf die Geschichte mit dem Blog an. Zunächst Schweigen, dann flüsterte sie leise: "Eigentlich bin ich froh, dass das aufgeflogen ist. Ich hatte ein schlechtes Gewissen ..." Dann fuhr sie fort: "Wir lassen den Blog einschlafen!"
"Das sagen Sie am besten ihrer Tochter, sie ist nämlich bei mir." Ich gab der Tochter den Telefonknochen und zog mich diskret außer Hörweite. Ich ging ins Haus und nahm vom Stapel der Freiexemplare ein Buch.
Als ich wieder rausging, redeten Mutter und Tochter immer noch - ohne sich anzuschreien - wie schön! Als die Tochter das Gespräch beendet hatte, fragte ich sie: "Was soll ich als Widmung reinschreiben? Ich möchte dir mein Buch schenken."
"Echt?" "Klar, was soll ich schreiben?" Dann überlegten wir gemeinsam die Widmung. Mit meiner KungFu-Schrift schrieb ich die Widmung. Sie nahm stolz das signierte Buch und verstaute es in ihrem Rucksack. Dann unterhielten wir uns und sie wollte noch die Tiere sehen. Erfreut fuhr sie wieder heim ...
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